RHIZOM 3.0

(rhizome 3.0)
LAN cables, LAN adapters, LAN switches, Mobile router, Rasberry Pi, HTML captive portal, Manifesto, Aquarium, Wood, Steel, Tree wound closure
2022



“Rhizom 3.0” is a site-specific installation that intervenes in nature and creates a LAN connection between the trees. Ethernet ports are implanted into the tree barks and connected to a mobile router via fiber optic cables. The visitors are able to connect to this hotspot and enter a virtual space that can be populated by both human and non-human organisms. As soon as a connection is established, users have to agree to the terms and conditions in form of a manifesto in order to gain access to the “Tree WiFi”.



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SKETCHES


MANIFEST


Bevor du ein Teil dieses Netzwerks wirst, musst du dir über einige Dinge im Klaren sein. Der Anschluss an ein Netzwerk ist ein Privileg, das in einem Meer irrelevanten Bullshits viel zu selten Anerkennung findet.

Um Teil eines Netzwerks zu sein, braucht man einen Anschluss.

Ein Bestandteil eines Netzwerks wird nur dann zum Akteur, wenn dieser hinreichend modifiziert wird. i Eine solche Modifikation kann jedoch nur unter den richtigen Bedingungen vollzogen werden. Die wichtigste Bedingung, der alle anderen Bedingungen untergeordnet sind, ist zweifellos der Besitz ausreichend ökonomischen Kapitals. Dies betrifft natürlich auch den Kontext, in dem der Akteur situiert ist. ii

Zentralisierung versus Demokratisierung.

Das Zeitalter der Gutenberg-Galaxis scheint vorbei zu sein und der Traum eines globalen Dorfs ist noch weit davon entfernt, Realität zu werden. iii Nichtsdestotrotz scheint das Internet das einzige Netzwerk zu sein, welches das Potenzial dazu hat, alle miteinander zu vernetzen. Unternehmen wie SpaceX und Amazon, aber auch ganze Staaten finanzieren Projekte, die das Internet durch Satelliten für immer mehr Menschen verfügbar machen sollen. Weil eine solche Investition nur für die größten Firmen der Welt möglich ist, führt dies unweigerlich zu einer Monopolisierung innerhalb unseres wichtigsten Kommunikationsmediums. iv

Das Internet ist kein Raum mehr, der den Menschen gehört.

Große Unternehmen und Regierungen durchdringen, dominieren und kontrollieren diesen Raum und machen ihn immer mehr zum effektivsten Marketingtool, das jemals existiert hat. Inzwischen ist jeder zweite Post auf Instagram Werbung, freiwillig produziert und konsumiert von Menschen, die zu Waren degradiert werden. Pseudointellektuelle Preller verkaufen Binsenweisheiten für 29,99 € pro Monat; genau der gleiche Betrag, den man bei Vodafone für einen „50 Mbit/s“-Anschluss bezahlt. Der Mainstream des Internets besteht aus einer so eklatanten Reproduktion von belanglosen Zeichen ohne Referenz, dass sogar Baudrillard v gesagt hätte: „Hmm, vielleicht ist Disneyland doch nicht so fake.“
Das Internet hat uns unglücklich gemacht.

Vor allem junge Menschen leiden unter den Auswirkungen, die soziale Medien auf ihre Entwicklung und ihr Selbstbild haben. Radikalisierung findet ungehindert statt und inzwischen ist der Blick auf das politisch Andere nichts anderes als eine groteske Ansammlung perfider Stereotype und Vorurteile. Vielleicht sind wir überfordert und das Internet ist viel zu schnell gewachsen? Vielleicht wurde schon zu viel innoviert und wir müssen erstmal drauf klarkommen? vi

Wir glauben trotzdem an das Potenzial des digitalen Raums!

Dieses Potenzial sollten wir nutzen und schützen, anstatt es zu missbrauchen. Es entstehen stetig neue, immersivere Mittel der Kommunikation und es ist einfacher denn je, eine Plattform für das eigene Schaffen zu finden. Uns fehlt nur eine gesunde Form der Netzwerkbildung, die uns einen innovativeren, transparenteren und reflektierteren Austausch ermöglicht. Es ist unsere Aufgabe, solche Netzwerke zu entwickeln und zu erhalten. Wir müssen das anarchistische und kreative Potenzial in digitalen Zwischenräumen aufspüren und pflegen. Wir müssen uns von kommerziellen "Megasystemen" unabhängig machen und unsere Handlungsmacht durch die Vernetzung mit tatsächlichen Subjekten zurückgewinnen. vii

Unsere Netzwerke müssen modifiziert werden.

Das Web 2.0 wird seinen Versprechen von Autonomie, Partizipation und Dezentralität nicht gerecht und entfernt sich immer weiter davon, eine demokratische Struktur zu sein. Unsere Form der Datenorganisation scheint starr und nicht mehr agil. Das Internet muss sich zu einem Geflecht wandeln, in dem es weder Hierarchie noch Sackgassen gibt: ein Rhizom. viii Wir brauchen mehr Schnittstellen und Querverbindungen. Das ist die notwendige Bedingung für eine humane Zukunft im digitalen Raum.

Jede neue Verbindung ist relevant.

Willst du dich mit diesem Netzwerk verbinden?

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i Die Akteur-Netzwerk-Theorie (siehe auch Bruno Latour) besagt, dass ein Bestandteil eines Netzwerks nur dann zum Akteur wird, wenn er zu einer Handlung befähigt wird. So sind beispielsweise Mensch und Pistole nur dann in der Lage zu schießen, wenn sie zusammen agieren. Ausführlichere Beschreibungen und Erklärungen gibt es im Internet.

ii Die Internetpenetrationsrate Afrikas lag 2020 lediglich bei 39,3 %, während im gesamten Rest der Welt 62,9 % der Menschen über einen Zugang zum Internet verfügten. (Statista: Internetpenetrationsrate in Afrika und weltweit in ausgewählten Jahren von 2009 bis 2020. URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/39500/umfrage/internetpenetrationsrate-in-afrika/ [9.8.22].)

iii Das "Globale Dorf" und die "Gutenberg-Galaxis" sind Begriffe, die vom kanadischen Medienwissenschaftler Marshall McLuhan geprägt wurden. Ersterer beschreibt die Epoche der Kommunikation, während der Buch und Schrift noch als Leitmedium galten. Der Begriff des "Globalen Dorfs" beschreibt die Vorstellung, dass die Welt durch Fortschritt in Kommunikation und Medien letztendlich zu einem "Dorf" zusammenwachsen wird. Auch hier verweisen wir auf weitere Lektüre in Schrift und Internet.

iv Laut W3techs werden 6,2 % aller Websites auf den Servern von "Amazon Web Services" gehostet; darunter viele high-traffic Websites, wie Netflix, Spotify und Zoom. (W3techs: Usage statistics of Amazon as web hosting provider. URL: https://w3techs.com/technologies/details/hoamazon [9.8.22].)

v Baudrillard, Jean (1929 - 2007): Französischer Philsoph der Postmoderne. Vor allem bekannt für seine Simulationstheorie.

vi Georg Trogemann, Professor für Experimentelle Informatik an der Kunsthochschule für Medien in Köln, appelliert in seinem Essay "Reenactin Poiesis – Mehr Anarchie in der Technik!" für ein Umdenken in der Technik.

Er beschreibt die aktuelle Lage wie folgt: "Big Data, KI, BioEngineering Nanotechnologien gehen ja nicht zu langsam voran, sie überfordern die Gesellschaft eher.
Und gerade die Art der öffentlichen Diskussion über diese Felder zeigt ja, dass es uns nicht gelungen ist, Technik auch geistig zu bewältigen." Aus: Trogemann, Georg (2020): "Reenacting Poiesis  Mehr Anarchie in der Technik!" In: Baecker, Ralf; Paul, Dennis; Sick, Andrea (Hrsg.): Reenactments in Kunst, Gestaltung, Wissenschaft un Technologie. S.152.


vii Trogemann ist der gleichen Meinung: "Für die Einzelnen geht es darum, Eigenverantwortung und Handlungsmacht zurückzugewinnen Abhängigkeiten und Ohnmacht gegenüber den technischen Megasystemen abzubauen und stattdessen neue Wege in kleine selbstverwaltete Eigeninitiativen zu testen. Der Drohgebärde von Politik und Wirtschaft, ohne Innovation und Wachstum werde der heutige Lebensstandard nich zu halten sein, müssen endlich Alternativen zur Seite gestellt werden." "Wir sollten mehr Zeit in das Verstehen der Poiesis selbst investieren, di ungenutzten ästhetischen Freiräume freilegen und dürfen die Marktstrategien und gesellschaftlich etablierten kapitalistischen Mechanismen des  Technischen nicht mit ihren Möglichkeiten verwechseln. Es gilt die Felder zu verstärken, wo Technik wirklich Verbindungen mit Menschen eingegangen ist, die uns natürlich und richtig erscheinen."  Trogemann 2020, S.152/154.

viii Der Begriff "Rhizom" stammt aus der Botanik und beschreibt wurzelartige Strukturen ohne Zentrum, wie zum Beispiel Ingwer. Bei Gille Deleuz und Félix Guattari wird der Begriff im metaphorischen Sinne verwendet, um dezentrale Wissensstrukturen zu bezeichnen. Das Bild des Rhizom eignet sich gut, um die Komplexität digitaler Räume zu analysieren

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